Freitag, 5. August 2011

Mit Hang zum Individualisms

Ihr wisst es, ich habe eine Schwäche für ungewöhnliche Musikinstrumente. Entsprechend begeistert war ich, als ich jüngst dieses Video eines Hang-Spielers gesehen habe. Toll, dachte ich, das ist so ein Instrument, an dem würde ich mich auch mal versuchen. Weiterführende Recherchen verliefen dann allerdings zunächst ernüchternd, dann erzürnend. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ich in meinem Leben mal ein Hang in den Schoß bekommen werde ist relativ gering, selbst wenn ich die 1300€ die so ein Klang-Ufo kostet übrig hätte. Doch der Reihe nach...


Das Hang würde im Jahre 2000 von den beiden Schweizern Felix Rohner und Sabina Schärer erfunden. Die beiden sind ursprünglich Steel Pan-Tuner und haben das Hang als eine Mischung aus trinidadischer Steel Pan und indischer Ghatam entwickelt... so weit so heididei. Mit diesem esoterischen Grundgedanken könnte ich ja noch gut leben, schließlich hat der Klang des Hang (was übrigens schlicht der bernerdeutsche Begriff für Hand ist, mit welcher das Hang ja gespielt wird) ja auch tatsächlich was Meditatives, und wieviel Lebensstil und Weltanschauung man in sein Instrument hineininterpretiert darf schließlich jeder für sich entscheiden, nicht wahr?

Nein, offenbar ist das nicht wahr! Denn ein Hang gibt es in keinem Geschäft der Welt zu kaufen, in keinem Musikladen und auch nicht im Netz. Um ein Hang muss man sich bewerben! Per Mail an die beiden Erfinder des Hang, die sich ihre Erfindung natürlich haben patentieren lassen. Wenn man Glück hat, bekommt man als Antwort auf seine Bewerbung, in der man ausführen soll, weshalb man dieses Instruments würdig ist, eine Einladung der beiden in ihr Hanghaus, wo man sich dann sein ganz persönliches Hang aussuchen darf, denn ein jedes Hang hat natürlich seine ganz eigene "Seele" und muss zum Spieler passen. Der Erwerb eines Hangs gleicht also mehr der Adoption eines Blindenhundes als dem Kauf einer Gitarre, Kazoo, Blockflöte oder Ähnlichem. Hatte ich schon erwähnt, dass zwischen Bewerbung und Musikinstrumenten-Seelenpartnersuche schon mal knapp 2 Jahre vergehen können?

Der Grund für den hohen Preis, die langen Wartezeiten und dieses Merkwürdige Berwerbungsverfahren ist, dass die beiden Berner die einzigen sind, die überhaupt in der Lage sind, Hanghang (Mehrzahl von Hang, is klar, ne?) herzustellen und hat natürlich üüüberhaupt nichts mit ideologischem Elitarismus oder künstlicher Verknappung des Angebots und somit Steigerung der Nachfrage zu tun. Echt mal! Dreiste Unterstellung!

Nun könnte man Fragen, warum man nicht zusätzliche Hangbauer anheuert, um der großen Nachfrage gerecht zu werden, das ist aber eine total doofe Frage! Selbstverständlich wurde versucht, neue Hangbauer auszubilden, die waren aber alle, "Sorry, ey!", total unbegabt und hatten vermutlich sowieso schlechtes Karma oder ein hangschädigende Aura. Außer Herrn Rohner und Frau Schärer ist nämlich niemand in der Lage, ein Hang richtig zu stimmen. Dass hier die Definition von richtig Ansichtssache der beiden ist, da die neueste Generation Hanghang nicht mehr mit Hilfe von Stimmgeräten, sondern nur nach Gespür gestimmt wird, das muss man wohl akzeptieren.

Ach, es gibt noch so viel mehr, über das ich mich aufregen könnte. Mach ich jetzt hier aber nicht, denn selbst wenn der Begriff Hang geschützt ist, gibt es mittlerweile einige Konkurrenzanbieter, die das Konzept übernommen haben und eben unter anderem Namen vertreiben. Die kommen natürlich laut Hang-Anhängern überhaupt nicht an das Hang heran, dafür sind sie aber auch für weit weniger Geld erhältlich und man muss sich (bei den meisten Anbietern) auch nicht demütig dem Urteil der Hersteller aussetzen, um zu erfahren, ob man seine unwürdigen Hände an das Instrument anlegen darf. Und sowieso, so unglaublich anders klingen die nun wirklich auch nicht! Nach dem Sprung könnt ihr vergleichen.


Hier erst mal, das ehrwürdige Hang:

Und hier nun schnöde "Steel Tongue Drums":




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